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Der Troß, den die Franzmänner mit sich führten, war ungeheuer. Fast jeder gemeine Soldat hatte einen Betteljungen mitgebracht, welcher ihm die Tabakspfeife anzünden oder andere kleine Dienste leisten mußte.
In der Nacht vom 12. zum 13. September verließen die Reichstruppeu und Franzosen die Stadt und ihre Umgebung, da sie von dem Heranrücken der Preußen Meldung erhallen hatten.
(Nach Eonst. Beyer.)
59. Friedrichs Ii. Einzug in Erfurt und lein Aufenthalt im Erfurter Gebiet.
1757.
Anmarsch der Preußen: Am 13. September gegen 10 Uhr vormittags erblickte man aus den Feldern im Osten der Stadt einige preußische Husaren. Nicht lange danach verbreitete sich das Gerücht, die preußische Vorhut sei von Sachsen her im Anzuge. Die Nachricht fand auch bald ihre Bestätigung; denn auf der Feste wurden 3 Kanonenschüsse gelöst und alle Tore Wohl verschlossen.
Ueber die Weinberge vor dem Krämpfertore kamen die Preußen heranmarschiert. Ein Trompeter näherte sich allein der Stadt und begehrte Einlaß. Nach langer Beratung öffnete sich sür ihn das Tor, und er wurde in die Statthalterei und von da aus den Petersberg geführt. Nachdem aber erst zwei Ersnrter Gesandte mit den preußischen Befehlshabern verhandelt hatten, wurde den Truppen der Einzug gestattet. Unterdessen hatte sich die mainzische Besatzung auf den Petersberg zurückgezogen.
Einmarsch in Erfurt: Gegen 4 Uhr nachmittags erfolgte
endlich der Einmarsch. Niemand aber in Erfurt ahnte, daß der König selbst beim Heere war.
Eine Abteilung grüner Husaren eröffnete den Zug. Ihr folgte der König mit seinem Bruder Heinrich und einem ansehnlichen Gesolge von Generalen. Kaum hatten ihn die Erfurter erkannt, als ein vieltaufendstimmiges Hurra ihm entgegenfchallte. Der König, sichtbar erfreut, erwiderte den Jubelgruß mit großer Leutseligkeit und Freundlichkeit. Er trug wie immer die einfache, blaue Uniform, welche nur ein kleiner, silberner Stern auf der Brust zierte. Hinter dem König und seinen Begleitern ritt ein Dragonerregiment, dem zwei Abteilungen Husaren folgten. Den Schluß bildete ein Regiment Infanterie mit fliegenden Fahnen und klingendem Spiel.
Die Truppen, mit denen der König seinen Einzug gehalten hatte, wurden in der Stadt einquartiert. Die Dragouer besetzten die Torwachen und sonst noch einige Posten in der Stadt. Der König selbst verlegte sein Hauptquartier nach Ilversgehofen und nahm dortselbst im Bechmann'schen Hanse Wobnnug (Alte Fritz-
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Extrahierte Personennamen: Friedrichs Heinrich Heinrich
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borgen und wurde von ihm sehr übel vermerkt. Er erteilte darum den Befehl, die kurfürstlich mainzischen Staaten wie Feindesland zu behandeln. Der rheinische Hauptteil des Mainzer Gebietes lag für diesen Zweck zu weit ab, umso bequemer aber hatten es die preußischen Truppen mit dem Erfurter Land. Von Sachsen aus konnten sie jederzeit und ohne große Mühe ins mainzifche Erfurt einfallen und dadurch den Kurfürsten und seine Untertanen empfindlich strafen.
1. Einmarsch derpreutzen: Am Fronleichnamstage (19. Juni) 1757, an dem alljährlich eine große Prozession in Erfurt abgehalten wird^ erschienen die Preußen zum ersten Male vor den .toren der Stadt. Zu dem Feste war bereits eine ungeheure Zahl Fremder herbeigeströmt. Auch hatte man in allen Straßen, durch welche der feierliche Auszug ging, schon die Altäre errichtet, mit grünen Zweigen besteckt und mit frischem Laub und Blumen überstreut. Da erschienen m der Frühe des Festtages einige Offiziere mit einem Trommler vor dem Krämpfertor und forderten Einlaß. Alles geriet in Aufruhr. Die herrlich geschmückten Altäre wurden wieder abgerissen und der Umzug nur im Dom abgehalten. Die zahlreichen Fremden verließen durch die anderen Tore eiligst die Stadt.
Nach einigen Verhandlungen wurde der preußische Offizier Major v. Marwiz eingelassen. Er verlangte, zum Statthalter geführt zu werden. Dort angekommen, erklärte er im Namen des Königs, daß dieser gezwungen wäre, die Lasten des Krieges auf Erfurt zu legen. Zugleich überbrachte er einen Brief feines königlichen Herrn. Der Statthalter verweigerte die Annahme. Da öffnete Major v. Marwiz den Brief und las ibn laut vor. Er enthielt die Bedingungen des Königs. Sie lauteten: Einräumung
der Stadt und Entwaffnung und Gefangennahme der kaiserlichen und mainzifchen Besatzung. Hierauf wollte der Statthalter nicht eingehen. Er verlangte die Abfchickung eines Eilboten an den
Kurfürsten nach Mainz, damit dieser selbst entscheiden könne. Major v. Marwiz schlug diese Forderung ab. Endlich einigte man sich aus freien Einzug der Truppen in die Stadt und Verbleib der Festung in den Händen der früheren Befatznng.
Kurz nach 3 Uhr nachmittags rückte der Vortrab der Preußen ein und wurde bei den Bürgern einquartiert. Am folgenden Tage kam die Hauptmacht nach. Alle Soldaten, weit über 2000, hielten vortreffliche Manneszucht. Die Bürger waren, obwohl mancher vier Mann in feinem Hanfe beherbergte, sehr mit ihnen zufrieden und bewirteten sie mit vielem Vergnügen.
Wenige Tage darauf wurde Generalmarfch geschlagen, und nachmittags um 4 Uhr verließen die Preußen mit Sack und Pack die Stadt. Der Marsch ging wieder zum Krämpfertor hinaus. Einige angesehene Bürger aber und zwei der vornehmsten katholischen Geistlichen mußten als Geiseln mitziehen, da die ausgelegte
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Erfurt am Tage des Gefechtes bei Saalfeld: Am
Morgen des 10. Oktobers, am Tage des Gefechtes bei Saalfeld verließen die Truppen durch das Schmidtstedtertor die Stadt. Der Anblick der prächtigen Armee, die von der Statthalterei bis zum Tor Aufstellung genommen hatte, erregte die Bewunderung der Erfurter. Die Königin fuhr an der Garde und den Regimentern vorüber und erwiderte aus dem Wagen den Gruß der Soldaten. Als der König mit den Generalen erschien, fetzte sich der Zug mit klingendem Spiel in Bewegung. Hierbei zeigte es sich aber, daß die Armee durch Troß und eine ungeheure Menge von Packpferden allzu beschwert und dadurch fast unbeweglich war. Manche Regimenter mußten stundenlang warten, ehe die Reihe an sie kam, aufzubrechen. Der Auszug dauerte darum von morgens um 9 bis mittags um 1 Uhr.
Roch an diesem Tage traf in Erfurt die Nachricht ein, daß das Gefecht bei Saalfeld unglücklich für Preußen ausgefallen sei. Nachdem man den Tag über von den Anhöhen um die Stadt dumpfes Geschützfeuer vom Thüringer Walde her gehört hatte, kamen am Abend versprengte Sachsen zum Löbertore herein. Sie brachten die Unglücksbotschaft von der verlorenen Schlacht und vom Tode des Prinzen Louis Ferdinand. Anfangs versuchte man, die Niederlage für zweifelhaft, mindestens aber für ganz unbedeutend hinzustellen. Die flüchtenden Truppen zogen ganz still hinter der Stadt weg, um sich später wieder der Hauptarmee anzuschließen, die längs der Saale von Jena nach Naumburg Aufstellung genommen hatte.
Während der Schlacht bei Jena: In banger Erwartung vergingen die nächsten Tage. Da kamen am Dienstag, den 14. Oktober, an welchem Tage ein dichter Nebel die Luft erfüllte, schon am Morgen mehrere Gärtner und Tagelöhner ängstlich zur Stadt gelaufen. Sie hatten auf dem Felde und in den Gärten des Dreienbrunnens gearbeitet und aus der Gegend von Weimar heftiges Geschützfeuer gehört, welches die Erde erschütterte.
Bald hörte man auch in der Stadt und von den Wällen das Schießen sehr deutlich. Die Hauptschlacht war somit im Gange, und ängstlich erwartete man die ersten Nachrichten. Gegen Mittag hieß es, die Preußen siegten; sie hätten schon 10 000 Franzosen gefangen, die bald hier eintreffen würden. Um 4 Uhr nachmittags aber kamen plötzlich einzelne braune Husaren blutig und mit verstörten Gesichtern zum Schmidtstedtertore hereingesprengt; ihnen folgten Wagen mit Gepäck, ausgespannte Artilleriepferde mit ihren Stückknechten und Marketenderinnen mit Lebensmitteln und Branntweinsässern. Man streute aus, es sei nur ein versprengter Haufen, der sich in die Stadt werfe, bei der Armee selbst aber stehe alles gut. Hierbei beruhigten sich die Erfurter eine kurze Zeit. Als aber gegen Abend die Landstraße nach Weimar ganz mit Flüchtlingen bedeckt war, die in unordentlichen
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Extrahierte Personennamen: Louis_Ferdinand Ferdinand
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viele meiner Kameraden, und es herrschte nach geendigtem Gesänge die tiefste und feierlichste Stille. So betraten wir den französischen Grund und Boden.
Vor Oppenheim mußten wir noch eine Weile warten, bis der Hauptmann wieder zurückkam, welcher Nachricht einzog, ob wir daselbst Parade machen sollten und wo wir bleiben würden. Wir marschierten dann durch nach Komtersheim, wo wir um 3 Uhr ankamen...........
Fest der Königsverkündigung in Nancy: Am 4. April trafen wir nachmittags um 3 Uhr in Nancy ein. Zwei Tage später brachten Kuriere dem Grafen v. Artois, dem Bruder des Königs Louis Xviii., die Nachricht: „Napoleon ist geschlagen, Paris ist übergeben." Daraufhin wurde abends 5 Uhr bei der Mairie (Rathaus) die weiße, mit Lilien gestickte Fahne aufgesteckt, und alle Beamten und Königsgesinnten steckten eine weiße Kokarde auf den Hut, gingen zum Prinzen und wünschten ihm Glück. — Unterdessen sammelte sich das Volk aus dem Markte; es war ein Lausen und Drängen aus den Straßen, und es herrschte eine allgemeine Gärung, die endlich in ein lautes „Vive le roil Vivent les Bourbons“ ausbrach.
Später wurden dann alle Häuser erleuchtet, und wir zogen von Straße zu Straße. Am andern Morgen marschierten wir Jäger nach dem Königsplatz, wo schon anderes Militär sich ausgestellt hatte, und bildeten daselbst ein Karree (Viereck). Auf der Pepirtiere (Park), welche vermittelst einiger Seitengänge an den obigen Platz stößt, waren 2 Batterien aufgefahren. Diese unterhielten eine halbe Stunde lang ein lebhaftes Schlachtfeuer. Unterdessen kam der Prinz mit feinem Gefolge und den höchsten Behörden der Stadt, alle in altfranzösischer Uniform, aus der Kirche und traten in unser Karree ein. Alles Militär, an dem der Prinz vorbeiging, rief ihm ein frohes Hoch zu. Das Volk drängte sich bis in unsere Glieder und rief, als er da vorüberging: „Vive le roi! Vivent les Bourbons!“ Mir schrie ein altes Fifcherweib die Ohren so voll, daß ich hätte mögen taub werden. Wir standen mit dem Rücken nach dem königlichen Schloß, auf dessen Balkon die Prinzessin mit ihren Hofdamen stand und den Prinzen mit weißen Tüchern grüßte, welches er ebenso erwiderte. Der Prinz ließ nun sämtliches Militär vorbeiziehen, und die Feier war beendet.
Es war dieses Fest wirklich sehr feierlich, und mir war es sogar rührend. Das volle Geläute aller Glocken, und deren hat Nancy nicht wenige, der Kanonendonner aus 16 Feldstücken, das Frohlocken des Volkes, das in feiner Freude jetzt den Bruder des Prinzen als König ausrief und der königlichen Familie ein „Vivent les Bourbons!“ zujauchzte, wahrlich, ein schöner Augenblick. Gleich nach beendigter Parade mußten wir 30 Mann Wache geben; diese dienten zur Bedeckung der hohen Behörde, welche in der
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Extrahierte Personennamen: Louis_Xviii Nancy
Extrahierte Ortsnamen: Oppenheim Komtersheim Nancy Nancy Paris
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eine sehr schlechte Haltung. Trotz ihrer guten Stellungen ergriffen sie schon nach kurzem Feuergefecht die Flucht.
®sltaiuone beider Regimenter setzten inzwischen ihren Marsch weiter fort. Doch ließen es sich die Festungswerke von St. Dems nicht nehmen, ihn mit Granaten schwersten Kalibers zu begleiten. Als das erste dieser Ungetüme wenige Fuß vor dem 1. Bataillon der 31er dahinsauste, machten alle ihre Verbeugung, selbst die Herren zu Pserde konnten es nicht unterlassen, sie zu begrüßen. Als die Granate dann 20 Schritte vom Bataillon einschlug, doch ohne zu krepieren, da erfolgte ein allgemeines Gelächter und Necken wegen der Verbeugung. Man mußte eben dieses Geräusch auch erst kennen lernen und sich daran gewöhnen.
Das Gesecht bei Pierrefitte war der Abschluß der Einschließung von Paris, das nun zum dritten Male in demselben Jahrhundert Deutsche vor feinen Mauern sah. Der Telegraph meldete am
20. September aus dem großen Hauptquartier: Nach den vorbereitenden Bewegungen der letzten Tage ist am 19. durch Vormarsch sämtlicher Korps die vollständige Zernierung von Paris ausgeführt.
94. Vor Paris.
x\m Angesicht der Stadt: Paris, das langersehnte Ziel'
lag vor unsern Augen. Wir sahen die Weltstadt mit ihrem gewaltigen, in Dunst gehüllten Häusermeer vor uns. Einzelne be-
sondere Gebäude, wie der Jnvalidendom, der Triumphbogen und die Notre-Dame-Kirche, überragten hoch die andern. Einen großen Teil der Stadt entzog aber der Montmartre unsern Blicken. Wir alle hofften aus den baldigen Fall der Stadt, zumal nach den Erfahrungen, welche unsere Füsiliere in dem letzten Gefechte bei Pierrefitte mit den Franzosen gemacht hatten. Niemand von uns dachte an die Möglichkeit, hier noch 5 Monate zubringen zu müssen, die Gegend noch im Winterschmuck zu sehen.
Gutes Quartier: Die Quartiere, welche wir in ne hatten,
waren ganz vorzüglich. Unser Heim war ein neuerbautes Häuschen inmitten eines schönen, großen Gartens. Als wir es bezogen, war es leer. Aber jetzt hatten wir es vollständig eingerichtet: Tische, Stühle, Küchengeräte, Matratzen und Decken, sogar eine Wanduhr, welche der Unteroffizier im Dorfe gefunden hatte: es fehlte gar nichts.
Verpflegung: Anfangs stand es etwas knapp um die Verpflegung.^ Infolge der geringen Zahl von Schienensträngen war eine Zufuhr aus Deutschland fast unmöglich, dazu kam noch die Rinderpest unter dem nachgeführten Hornvieh und das strenge Verbot des Beitreibens durch die Truppen. Als aber der Ankauf von Lebensmitteln aus den weiter rückwärts gelegenen Dörfern empfohlen worden war, wurde es besser. Unser Hauptessen bil-
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Extrahierte Ortsnamen: Paris Paris Paris Paris Deutschland
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den sei. Hierauf nahm er im Festsaal das Frühstück ein, das ihm von der Stadt gereicht wurde. Während der Tafel brachte der Oberbürgermeister das Kaiserhoch ans und gab in seiner Rede dem Gefühl des Dankes Ausdruck für die Auszeichnung, die der Stadt durch den Befnch des Kaisers widerfahren.
Als Nachfeier fanden am Nachmittage Schulfeierlichkeiten statt.
c) Kaiser Wilhelm Ii. in Erfurt.
Am Sonntag, den 13. September 1891, abends 9% Uhr traf der Kaiser mit seiner Gemahlin in Ersnrt ein, um der Parade bei Gamstedt beizuwohnen. Glockengeläute verkündete seine Ankunft, und ein tausendstimmiger Jubel brach bei seiner Abfahrt vom Bahnhof los. Er rollte donnernd über den Platz und pflanzte sich durch die dichtgedrängten Menschenmauern der Bahnhofstraße fort bis Hin zum Anger, wo die städtischen Behörden Aufstellung genommen hatten. Geleitet von den Seydlitzkürafsieren, fuhr das Herrscherpaar durch die Bahnhosstraße und über den Anger nach dem Regierungsgebäude.
Am andern Morgen hatten die Schulkinder Erfurts in den Straßen, welche der kaiserliche Wagenzug auf der Fahrt nach dem Paradefelde berühren mußte, Aufstellung genommen, um dem Kaiser ihre Huldigung darzubringen. Punkt 9 Uhr morgens verließ das Kaiserpaar die Regierung und fuhr durch die Regierungsstraße, Wilhelmstraße, den Dalbergsweg, die Friedrich- und Gothaerstraße an der Cyriaksstraße vorüber nach Gamstedt, wo die Soldaten der Provinz Sachsen ihren Kriegsherrn erwarteten. Auf dem Wege dahin jubelten ihm auch die Kriegervereine zu, welche auf der Höhe der Cyriaksburg in Reih und Glied standen. Nach Schluß der Parade um 1 Uhr trafen der Kaiser und die Kaiserin wieder im Regierungsgebäude ein. Gegen 6 Uhr begaben sie sich in das Rathaus, wo im großen Fesifaale ein Abendessen angerichtet worden war, welches bis 8 Uhr dauerte.
Mittlerweile hatte die Erleuchtung der Stadt ihren Ansang genommen. Die Straßen schienen in ein Lichtermeer getaucht. Unter ihnen ragte der Anger ganz besonders hervor. Vom lichtumflossenen, elektrisch beleuchteten Standbild der „Ersordia" in dsc Nähe des Postgebäudes zogen sich Fahnenmaste, welche an ihrem unteren Drittel je einen Kranz kleiner Glaslampen trugen, den Straßendamm entlang bis zum ebenfalls elektrisch erhellten, sprudelnden Brunnen am entgegengesetzten Straßenende. Auch der Fischmarkt stand nicht zurück mit seinem im Glanze von Tausenden von Gasfiämmchen und Gassternen erstrahlenden Rathause. Das Kaiserpaar und sein Gefolge war überrascht von der Großartigkeit des Gebotenen, wie es ihnen auf der Rundfahrt durch Regierungsftraße, Klostergang, Neuwerkstraße, Anger, Johannesstraße, Augustiner-, Allerheiligen- und Marktstraße entgegentrat.
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seurs, die den Kaiser mit lautem „Vive Vempereur“ begrüßten. Es war eben 12 Uhr mittags. Bald darauf ritt Napoleon, begleitet von seinen Marschällen, einigen Generalen und seinem Leib-memelucken (Leibwächter) nach dem Gouvernement zurück.
Napoleon empfängt den Kaiser Alexander: Eine Stunde später fuhr er in einem achtspännigen, prächtigen Staatswagen, dem noch verschiedene andere folgten, zum Krämpfertore hinaus, wo sich die Truppen auf den hinter dem Schwemmbache^) liegenden Stoppel- und Brachfeldern übten. Es galt, den ankommenden Kaiser Alexander von Rußland würdig zu empfangen. Napoleon, der aus seinem Wagen gestiegen war, ging, während sich die Truppen ordneten, auf und nieder. Plötzlich aber schwang er sich aufs Pferd, galoppierte die bei Linderbach liegende Anhöhe hinauf und verschwand. — Jetzt fiel ein Kanonenschuß — „die Kaiser kommen!" erklang's durch die Reihen der Truppen und der zahlreichen Volksmenge, die das Feld bedeckten. Mehrere Kanonenschüsse, die oben auf der Anhöhe donnerten, verkündigten die Annäherung der beiden Kaiser. — Die Feldmusik rauschte über das weite Brachfeld, die Trompeten der Kürassiere und Husaren schmetterten, und in der Ferne sah man den Zug der beiden Kaiser die Anhöhe herabkommen. Sogleich eilte der größte Teil der auf dem Felde Anwesenden nach der Stadt zurück, und es dauerte kaum einige Minuten, so kam der Zug unter dem unaufhörlichen Donner der Kanonen beider Festungen, dem Geläut aller Glocken und dem Jubelgeschrei der Truppen und der Volksmenge zum Krämpsertor herein. Die beiden Kaiser ritten nebeneinander, Alexander zur Linken Napoleons. Auf dem Anger, in der Nähe des Triebelschen Hauses, der heutigen Kommandantur, das dem Kaiser Alexander während der Zeit des Kongresses zur Wohnung bestimmt war, herrschte ein unbeschreibliches Gedränge, zumal sich hier die zurückgekehrte Kaisergarde und sämtliche andere Truppen in Parade ausgestellt hatten. Die Kaiser stiegen vom Pferde und traten Hand in Hand ins Haus, vor welchem zwei riesige Schilderhäuser für die Kavalleriewachten aufgestellt waren. In dem glänzenden Gefolge des Zaren befanden sich sein Bruder, der Großfürst Konstantin, der Herzog von Weimar mit dem Erbprinzen und zahlreiche Generale.
Die festlich erleuchtete Stadt: Als der Abend dieses er-
eignisreichen Tages hereinbrach, hüllte sich die Stadt in ein glänzendes Lichtmeer. Man wetteiferte mit der Anbringung von Dekorationen und Transparenten (Leuchtbildern). Am meisten tat sich hervor die Freimaurerloge, die ihr ansehnliches Gebäude auf dem Roßmarkte (Herrmannsplatz) mit drei überlebensgroßen Trans-
!) Damals mündete der Schwemmbach, der um die Ostseite der Stadt führte, nördlich vom Johannestor in die Gera.
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Napoleon Alexander Alexander Alexander_von_Rußland Alexander Napoleon Alexander Alexander Napoleons Alexander Alexander Konstantin
Extrahierte Ortsnamen: Stoppel- Linderbach Napoleons Weimar Schwemmbach Gera
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Der Novemberaufstand: Im November erreichte die Erbitterung ihren höchsten Grad, als ein Teil der Landwehrleute der Erfurter und Weißenseer Kompanie einberufen und eingekleidet werden sollte. Anfangs war die Einkleidung auf den 19. November festgesetzt. Sie wurde aber durch einen nach Tausenden zählenden Volkshaufen gewaltsam gehindert, so daß man die Landwehrleute einstweilig in ihre Heimat entlassen mußte. Da aber diese vorläufige Entlassung höheren Ortes gemißbilligt wurde, erfolgte zum 24. November eine neue Einberufung. Und wirklich erschien auch, trotz aller Bemühungen der Aufrührer, früh um 8 Uhr ein großer Teil der Landwehr, namentlich die aus dem Landkreise, vor dem Exerzierhause (im Hofe des Augustinerklosters, heute Offizierkasino). Der größere Teil der Landwehr der Stadt Erfurt aber verweigerte den Eintritt in den Hof und zog dann, begleitet von einer großen Volksmenge, welche die Aufregung durch Geschrei und Toben noch mehr steigerte, vor das Zeughaus (Packhof, Ecke Bahnhosstraße), um dort die Einkleidung nötigenfalls mit Gewalt zu verhindern. Eine Aufforderung der Polizei-beamten an das Volk, den Platz zu verlassen, und an die Landwehrleute, nach dem Exerzierhause zurückzugehen, blieb ohne Erfolg; zuletzt mußten sich die Beamten zurückziehen, da man sich tätlich an ihnen vergriff. Nun wurde durch Hornsignale die Vür-gerwehr zusammengerufen. Diese erschien auch im Verlauf einer halben Stunde auf dem Anger, doch nicht vollzählig, da viele bessere Bürger ausblieben, und rückte in die Nähe des Zeughauses. Es gelang ihr aber nicht, die Menge zum Auseinandergehen zu bewegen, wohl aber gesellten sich zu ihren Reihen viele andere, teils mit Flinten, Hacken, Mistgabeln, gradgeschmiedeten Sensen usw. bewaffnete Personen, die von Männern geführt wurden, welche wie Bürgeroffiziere gekleidet waren. Und diese Menschen wurden von einem Teil der Bürgerwehr brüderlich begrüßt. Da muß man sich wirklich fragen, wie der Oberführer der Bürgerwehr eine solche mit allerlei Mordwerkzeugen bewaffnete Rotte in seinen Reihen hat dulden können. Seine Pflicht wäre es unbedingt gewesen, diese Rotte unschädlich zu machen, sie nötigenfalls vom Militär entwaffnen zu lassen. — Zu gleicher Zeit hatte sich auf dem Anger auch eine Menge Frauen mit Säcken und Körben aufgestellt, um, wenn es zur Plünderung käme, gleich bei der Hand zu sein. —
Nun ereignete sich folgender Zwischenfall. Ein Zug Kürassiere wurde von dem Platze vor der Kommandantur am Anger nach dem Friedrich Wilhelmsplatz gesandt. Als diese Patrouille in die Schlösserstraße kam, warf sich ihr ein mit Spießen, Aexten und dergleichen bewaffneter Haufe entgegen. Zwar gelang es ihm nicht, die Kürassiere zurückzudrängen; aber sie wurden mit Steinen beworfen, auch wurden drei Schüsse auf sie abgefeuert. Dieser Vorfall, sowie die Meldung, daß das gebildete Landwehrbataillon
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nicht nach dem Zeughause gelangen könne, veranlaßten den Generalleutnant v. Voß, an den Oberführer der Bürgerwehr die Aufforderung zu richten, die so gröblich gestörte Ordnung wiederherzustellen und den Anger zu räumen. Zugleich ließ er auch Generalmarsch schlagen zum Sammeln der Truppen auf ihren Alarmplätzen; es war morgens gegen 10 Uhr. Nach Rücksprache mit den Kompanieführern, die gerade zur Stelle waren, erklärte der Oberführer der Bürgerwehr, daß er nicht imstande sei, die Ordnung wiederherzustellen. Nun ließen Generalleutnant v. Voß und der Regierungspräsident „den Belagerungszustand für <^tadt und Festung Erfurt" verkünden, und der Oberführer forderte die Bürgerwehrmänner auf, den Platz zu verlassen, und erklärte, daß die zurückbleibenden als Hochverräter betrachtet werden würden. Dadurch erreichte die Wut des tobenden Haufens den Höhepunkt. Man ging mit Waffen auf den Oberführer los und zerbrach ihm den Degen; nur mit Mühe konnte er sich in das benachbarte Freundsche Kaffeehaus (Restaurant Kohl am Anger) retten. Ein Teil der Bürgerwehr zog sich zurück, ein anderer aber blieb mit den übrigen bewaffneten Personen auf dem Platze stehen. Da ertönten die Hörner zum Vorrücken des Militärs, welches vor dem Kommandanturgebäude stand. Sofort rückte eine Abteilung Kürassiere den Anger aufwärts, um denselben ohne Anwendung von Waffen zu säubern. Zwar teilte sich die Masse vor den Kürassieren, aber beim weiteren Vordringen wurden diese von hinten mit einer Anzahl Schüssen, wohl 20—30, also offenbar auf Verabredung, angegriffen und dadurch einige getötet und verwundet. Sofort erhielt eine Abteilung des 31. Jnfant.-Neg. den Befehl, den schwer bedrängten Kürassieren zu Hilfe zu kommen. Und wie diese mit Steinwürfen und Schüssen von Dächern und aus Häusern empfangen wurde, gab sie eine Gewehrsalve ab, wodurch die Volksmassen auseinanderstoben und sich teils über den Anger, teils in die Auguststraße (Bahnhosstraße) zurückzogen. Unterdessen halten sich einzelne Aufrührer den Weg nach der Lorenzkirche (Schlösserstraße) und nach dem Aegidienturm vor der Krämerbrücke gebahnt und mit den dortigen Glocken Sturm geläutet, jedoch ohne Erfolg.
Mit der Vertreibung der Aufständischen hatte der Kampf nicht sein Ende erreicht. Es ist noch aus den Fenstern der Häuser am Anger und in den Straßen nach dem Bahnhof zu, in die sich die Flüchtlinge gerettet hatten, auf die Truppen geschossen worden. Und auch in der Auguststraße versuchte eine Menge Aufständischer sich nochmals zu widersetzen, indem sie neben der Reglerkirche vor der Augustbrücke eine Barrikade (Straßensperrung) und eine zweite beim Ausgang des Neuerbes in der Schmidtsledterstraße bauten. Man schob Wagen aus den Höfen, trug Bänke und Schränke aus den Häusern, häufte Wellen- und Scheitholz auf und legte Fässer, Wagenräder, Breiter und anderes Gerümpel darüber. Aber ein
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118. Die Schlacht bei Sehern.
wobei ihr die massive Bauart der großen steinernen Häuser sehr zustatten kam; in den Straßen waren durch Barrikaden Abschnitte hergestellt. Allein wie fast immer handhabten die Franzosen den Sicherheitsdienst so gut wie gar nicht, sie hatten keine Posten aufgestellt und schlummerten im Schlafe der Gerechten innerhalb der Häuser. Unsere Truppen überfielen sie daher im buchstäblichen Sinne des Wortes, einzelne kleinere Abteilungen drangen, wie tags 'vorher die Jäger, bis an die Nordumfassung des Dorfes vor. Doch plötzlich tat sich der Schlund der Hölle auf: aus allen Gebäuden brach rasendes Feuer auf die Eindringlinge los, die ihrerseits dahin trachteten die Häuser in ihre Gewalt zu bringen. So entspann sich von Gasse zu Gasse, von Haus zu Haus der schrecklichste Kampf, der noch grausiger dadurch wurde, daß sich die in den Kellern versteckten Einwohner daran beteiligten und aus den bereits genommenen Häusern den Feinden in den Rücken schossen oder die Verwundeten massakrierten. Schon am vorausgegangenen Tage Hatten unsere Granaten an verschiedenen Stellen gezündet, nun brachen durch das Gefecht in mehreren Gehöften die Flammen hervor, dazu wurde an einzelne Gebäude, in denen den Verteidigern nicht beizukommen war, Brand gelegt und bald war der ganze Ort nur ein einziges wogendes Flammenmeer, in dessen Lohe und Glut der Kampf mit um so größerer Erbitterung und unter wechselndem Glücke fortgeführt wurde.
Zu uns Hinter dem Bahndamm tönte das plötzlich losbrechende Toben des Kampfeslärmes ganz unheimlich herüber, unaufhörlich rollte das Knattern des Feuergefechtes durch die tiefe Stille der Nacht und in die wallenden Nebel hinein wie der Aufruhr von Dampf und Lärm im Krater eines Vulkans.
Langfam und allmählich lichteten sich die Nebel — es ging auf 6 Uhr — dann drang über Bazeilles der Schein heller Röte herüber; aber es war nicht die rosenfingrige Eos, sondern der Schein der Flammen, welche die Gebäude verzehrten. Nach und nach wurde es heller und heller, der dichte Nebelbrei ballte sich zusammen, die Wolken hoben sich und einzelne gebrochene Sonnenstrahlen stahlen sich durch die wallenden Schleier. Nun ward es auch ober uns auf der Höhe lebendig. Schon längst waren die wackeren Kanoniere ungeduldig an ihren Geschützen gestanden; wie sich jetzt die Nebelschleier verzogen, begannen sie das Feuer gegen die nordöstlich von Bazeilles sich zeigenden feindlichen Heereshaufen und mit einem Male rollte dröhnender Kanonendonner über das weite Tal hin. Eine der ersten Granaten verwundete früh 6 Uhr den in die Nähe von Bazeilles vorgerittenen Marschall Mac Mahon.1) Die
!) Den Oberbefehl über die Gesamtarmee der Franzosen übertrug der verwundete Marsch all mit Übergehung von zwei älteren Korpsführern dem General Ducrot. Dieser erteilte sofort die nötigen Befehle um den jetzt vielleicht noch möglichen Rückzug nord-westwärts anf Mezieres anzutreten. Allein der erst kürzlich aus Algier eingetroffene General von Wimpffen trug eine ministerielle Vollmacht bei sich, die gegebenen Notfalls
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